Zeitgemäßes Praxismanagement: Erkennung, Meldung und Behandlung beruflicher Lichtschäden. Möglichkeiten der Versorgung nach der UV-GOÄ
Video des Vortrags
Seit dem 1. Januar 2015 sind „Multiple aktinische Keratosen und Plattenepithelkarzinome durch solare UV-Strahlung“ als Berufskrankheit bei Außenbeschäftigten anerkannt (Berufskrankheit Nummer 5103 entsprechend der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung [BKV]). Seither wachsen die Zahlen der Verdachtsmeldungen stetig und sind zurzeit bei 10.000 neuen Meldungen pro Jahr, überwiegend werden dabei multiple aktinische Keratosen als Grund für die Anerkennung einer Berufskrankheit nach BK-Nummer 5103 gemeldet (Anerkennungsquote > 60%).
Beruflicher Hautkrebs bei langjährig sonnenexponierten Außenbeschäftigten ist damit bereits zur dritthäufigsten anerkannten Berufskrankheit in der Bundesrepublik geworden. Es ist aber auch klar, dass es immer noch eine beträchtliche Dunkelziffer nicht gemeldeter Fälle gibt. Jüngere Studien zeigen, dass zum Beispiel von in Kliniken vorstellig gewordenen Patienten mit aktinischen Keratosen oder Plattenepithelkarzinomen und beruflicher UV-Exposition in der Anamnese nur etwa 40 % an die Gesetzliche Unfallversicherung (GUV) gemeldet waren. Alle Ärzte, einschließlich der Hausärzte, sind gesetzlich verpflichtet, entsprechende Fälle von aktinischen Keratosen oder Plattenepithelkarzinom mit einem beruflichen Hintergrund einer Sonnenexposition zu melden; schließlich kann der Patient nur so seine Ansprüche an die gesetzliche Unfallversicherung umsetzen. Dies gilt selbstverständlich auch für bereits berentete Patienten! Eine Ärztin/Arzt wird erst durch die Meldung Sachwalter/in der Interessen der Patienten; zugleich handelt es sich aber auch um aktives Praxismanagement, wenn Patienten auf die Weise zu einer ihnen gesetzlich zustehenden Verletztenrente aufgrund einer schweren beruflichen aktinischen Schädigung verholfen wird. Rentenleistungen durch die Unfallversicherung werden auch bis zu vier Jahren rückwirkend gezahlt und nicht auf bestehende Altersrenten angerechnet.
Ferner stehen bei anerkannter Berufskrankheit BK 5103 Dermatologen ganz andere Möglichkeiten der Therapie zulasten der GUV (einschließlich Lasertherapie aktinischer Keratosen) offen, als im Bereich der Versorgung durch die GKV. Für die GUV, die für alle medizinischen und präventiven Maßnahmen bei beruflichen Erkrankungen zuständig ist, gibt es entsprechend eine eigene Gebührenordnung, die UV-GOÄ. In dieser UV-GOÄ ist die Lasertherapie aktinischer Keratosen, anders als in anderen Gebührenordnungen, mit einer eigenen Gebührenziffer verankert. Darüber hinaus ist auch die leitliniengerechte Nachbehandlung nach Lasertherapie mit Dexpanthenol-haltigen Externa zur beschleunigten Wundheilung möglich, ohne dass für den Patienten dabei Kosten entstehen (zum Beispiel keine Rezeptgebühren). Analoges gilt für die Verordnung von Lichtschutzpräparaten; auch diese ist zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung kostenfrei möglich. Ebenfalls ist in der UV-GOÄ die photodynamische Therapie (PDT) abgebildet, die zum Beispiel nicht im Rahmen der Versorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden kann.
Durch die kürzlich eingeführte arbeitsmedizinischen Angebotsvorsorge sind derzeit 7 Millionen UV-exponierte Außenbeschäftigte vorsorgeberechtigt; entsprechend sollten demnächst zunehmend chronisch lichtgeschädigte Beschäftigte bei Dermatologen vorstellig werden. Entsprechend widmen unsere aktuellen S3-Leitlinien „Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut“ (2020) und „Prävention von Hautkrebs“ (2021) beruflichen Lichtschäden breiten Raum. Für die umfassende Prävention und Versorgung betroffener Patienten sind sie ebenso wie S2k-Leitlinie „Lasertherapie der Haut“ eine profunde Basis für ein zeitgemäßes Praxismanagement.
Prof. Dr. med. Swen Malte John
Wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Interdisziplinäre Dermatologische Prävention und Rehabilitation an der Universität Osnabrück (iDerm)