Immer mehr heller Hautkrebs: Wie Patienten künftig versorgen?
Der Klimawandel führt aufgrund besonderer stratosphärischer Konstellationen auch zu einer Vermehrung der terrestrischen UV-Strahlung. Unter anderem sind sogenannte „low-ozone events“ häufiger. Für jeden augenscheinlich wird, dass durch die jetzt zahlreichen wolkenlosen Tage eine vermehrte direkte UV-Einwirkung auf die Haut stattfindet, zusätzlich deshalb, weil die in der Regel damit verbundene Hitze viele dazu veranlasst, eher weniger Bekleidung zu tragen. Dies leider auch an Arbeitsplätzen. Bei der Messstation am Hohen Peißenberg des Deutschen Wetterdienstes werden seit einiger Zeit an wolkenlosen Tagen UV-Expositionen gemessen wie früher nur in Sizilien.
Eine Gruppe von Menschen, die eine besonders hohe UV-Belastung aufweist, sind Außenbeschäftigte. In verschiedenen europäischen Ländern hat die epidemiologische Datenlage, die eine Verdopplung des Risikos für hellen Hautkrebs bei Außenbeschäftigten im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung aufweist, zur Anerkennung von UV-verursachtem Hautkrebs als Berufskrankheit geführt. Dies auch in Deutschland seit 2015, in Österreich gibt es ähnliche Bestrebungen. In Tobelbad bei Graz führt die AUVA in Zusammenarbeit mit der Universitätshautklinik auch bereits stationäre Rehabilitationsmaßnahmen bei beruflichem Hautkrebs durch. Jüngere dosimetrische Messungen haben unerwartet hohe UV-Expositionen in Außenberufen wie dem Baubereich und der Landwirtschaft ergeben (> 500 Standard Erythemdosen SED zwischen April und Oktober, 1 SED=100J/m²). Aber auch die UV-Exposition in der Normalbevölkerung, die nicht beruflich UV exponiert ist, hat sich in Deutschland in der letzten Zeit etwa verdoppelt; nachdem man in der Vergangenheit von 130 SED durchschnittlich im Jahr ausgegangen ist, muss man jetzt bereits mit dem Doppelten rechnen.
Diese bemerkenswerten Entwicklungen haben Auswirkungen auf die Häufigkeit von insbesondere hellem Hautkrebs, der bereits jetzt die häufigste Krebserkrankung bei Männern und Frauen in Deutschland und Österreich darstellt. Von einer jährlichen Zunahme von 10 % ist derzeit auszugehen und damit einer Verdopplung der Erkrankungsfälle in einem Zeitraum von zehn Jahren, hierbei auch Effekte des Klimawandels berücksichtigend sowie des demographischen Wandels (mit zunehmendem Alter steigt das Risiko für hellen Hautkrebs). Es ist bisher unklar, wie in einigen Jahren die ärztliche Versorgung der Erkrankten angesichts der schieren Zahlen gewährleistet werden kann; auf Teledermatologie und Unterstützung durch artifizielle Intelligenz/Gesundheitsapps zum Patientenselbstmanagement wird sicher zurückgegriffen werden müssen, zumindest um eine gewisse Triagierung zu erreichen. Essenziell sind aber vermehrte präventive Anstrengungen; das Beispiel Australien zeigt, dass sich Kontinuität und Konsequenz bei Präventionsbemühungen, die auch bereits die Kinder einschließt, auszahlt. Australien ist das einzige Land mit hellhäutiger Bevölkerung mit einer rückläufigen Inzidenzrate.
Auch die Sekundärprävention ist wichtig; da ist es bedauerlich, dass sich die Hoffnung von uns Dermatologen, dass sich ein Hautkrebsscreening im Rahmen des aktuellen EU’s Beating Cancer Plan wohl nicht auf europäischer Ebene etablieren lassen wird. Immerhin kommen wir bei den Hochrisikogruppen wie den Außenbeschäftigten voran; mit der Einführung der Angebotsvorsorge bei Außenbeschäftigten werden zum Beispiel in Deutschland jetzt sieben Millionen Menschen regelmäßig arbeitsmedizinisch eine Beratung angeboten bekommen und im Falle entsprechender Hinweise an Dermatologen überwiesen werden.
Mit der Anerkennung beruflicher Hauterkrankungen können dann auch Therapieverfahren, einschließlich der Lasertherapie nebst leitliniengerechter Nachsorge zulasten der gesetzlichen Unfallversicherung erbracht werden, die im Bereich der Versorgung durch die gesetzlichen Krankenkassen so nicht möglich wären. So empfiehlt die im März 2022 erschienene neue S2k-Leitlinie zur Lasertherapie der Haut für die Nachbehandlung einer ablativen Lasertherapie den Einsatz eines Dexpanthenol-haltiges Externum wie z.B. Bepanthen® Wund- und Heilsalbe. Hintergrund der Empfehlung sind die positiven Ergebnisse einer klinischen Studie, die das Dexpanthenol-haltige Externum mit Vaseline verglich (Heise R et al. Cutan Ocul Toxicol 2019 Sep;38(3):274-278).
Beruflicher Hautkrebs bei langjährig sonnenexponierten Außenbeschäftigten ist bereits zur zweithäufigsten anerkannten Berufskrankheit in Deutschland aufgestiegen (6000 Fälle jährlich, etwa 800 davon mit erheblichen Rentenansprüchen). Entsprechend widmen unsere aktuellen S3-Leitlinien „Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut“ (2020) und „Prävention von Hautkrebs“ (2021) beruflichen aktinischen Hautschäden breiten Raum. Für die umfassende Prävention und Versorgung betroffener Patienten sind sie ebenso wie die S2k-Leitlinie „Lasertherapie der Haut“ eine profunde Basis für ein zeitgemäßes Praxismanagement.
Quelle
Vortrag Univ.-Professor Dr. med. Swen Malte John, Osnabrück, im Rahmen des Derm Alpin-Kongresses in Salzburg, 30. Oktober 2022